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Channel: RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Rosengedichte

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Rainer Maria Rilke



Fragmente aus verlorenen Tagen

....Wie Vögel, welche sich gewöhnt ans Gehn 
und immer schwerer werden, wie im Fallen: 
die Erde saugt aus ihren langen Krallen 
die mutige Erinnerung von allen 
den großen Dingen, welche hoch geschehn, 
und macht sie fast zu Blättern, die sich dicht 
am Boden halten, - 
wie Gewächse, die, 
kaum aufwärts wachsend, in die Erde kriechen, 
in schwarzen Schollen unlebendig licht 
und weich und feucht versinken und versiechen, - 
wie irre Kinder, - wie ein Angesicht 
in einem Sarg, - wie frohe Hände, welche 
unschlüssig werden, weil im vollen Kelche 
sich Dinge spiegeln, die nicht nahe sind, - 
wie Hülferufe, die im Abendwind 
begegnen vielen dunklen großen Glocken, - 
wie Zimmerblumen, die seit Tagen trocken, 
wie Gassen, die verrufen sind, - wie Locken, 
darinnen Edelsteine blind geworden sind, - 
wie Morgen im April 
vor allen vielen Fenstern des Spitales: 
die Kranken drängen sich am Saum des Saales 
und schaun: die Gnade eines frühen Strahles 
macht alle Gassen frühlinglich und weit; 
sie sehen nur die helle Herrlichkeit, 
welche die Häuser jung und lachend macht, 
und wissen nicht, dass schon die ganze Nacht 
ein Sturm die Kleider von den Himmeln reißt, 
ein Sturm von Wassern, wo die Welt noch eist, 
ein Sturm, der jetzt noch durch die Gassen braust 
und der den Dingen alle Bürde 
von ihren Schultern nimmt, - 
dass Etwas draußen groß ist und ergrimmt, 
dass draußen die Gewalt geht, eine Faust, 
die jeden von den Kranken würgen würde 
inmitten dieses Glanzes, dem sie glauben. - 
...... Wie lange Nächte in verwelkten Lauben, 
die schon zerrissen sind auf allen Seiten 
und viel zu weit, um noch mit einem Zweiten, 
den man sehr liebt, zusammen drin zu weinen, - 
wie nackte Mädchen, kommend über Steine, 
wie Trunkene in einem Birkenhaine, - 
wie Worte, welche nichts Bestimmtes meinen 
und dennoch gehn, ins Ohr hineingehn, weiter 
ins Hirn und heimlich auf der Nervenleiter 
durch alle Glieder Sprung um Sprung versuchen, - 
wie Greise, welche ihr Geschlecht verfluchen 
und dann versterben, so dass keiner je 
abwenden könnte das verhängte Weh, 
wie volle Rosen, künstlich aufgezogen 
im blauen Treibhaus, wo die Lüfte logen, 
und dann vom Übermut in großem Bogen 
hinausgestreut in den verwehten Schnee, - 
wie eine Erde, die nicht kreisen kann, 
weil zuviel Tote ihr Gefühl beschweren, 
wie ein erschlagener verscharrter Mann, 
dem sich die Hände gegen Wurzeln wehren, - 
wie eine von den hohen, schlanken, roten 
Hochsommerblumen, welche unerlöst 
ganz plötzlich stirbt im Lieblingswind der Wiesen, 
weil ihre Wurzel unten an Türkisen 
im Ohrgehänge einer Toten 
stößt.... 

Und mancher Tage Stunden waren so
Als formte wer mein Abbild irgendwo, 
um es mit Nadeln langsam zu misshandeln. 
Ich spürte jede Spitze seiner Spiele, 
und war, als ob ein Regen auf mich fiele, 
in welchem alle Dinge sich verwandeln. 


Rainer Maria Rilke

7.11.1900, Berlin-Schmargendorf


Rosengedichte, siehe hier:
Warum Rosen - Gedichte ....Rosengedichte im Rosenmonat Juni ] !



Aus: Das Buch der Bilder. Des zweiten Buches erster Teil.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

Editorische Notiz : Betrifft Rechtschreibung: 
Die Texte von Rainer Maria Rilke
werden nicht im Format der neuen deutschen Rechtschreibung wiedergegeben,
sondern im Originalformat von Rainer Maria Rilke.
Dieser Blog folgt dem Originaltext.

RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Rosengedichte

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Rainer Maria Rilke




Vincent van Gogh
Zypressen mit zwei Frauen.


Schau,
wie die Zypressen schwärzer werden

Schau, wie die Zypressen schwärzer werden
in den Wiesengründen, und auf wen
in den unbetretbaren Alleen
die Gestalten mit den Steingebärden
weiterwarten, die uns übersehn.

Solchen stillen Bildern will ich gleichen
und gelassen aus den Rosen reichen,
welche wiederkommen und vergehn;
immerzu wie einer von den Teichen
dunkle Spiegel immergrüner Eichen
in mir halten, und die großen Zeichen
ungezählter Nächte näher sehn.



Rainer Maria Rilke

4.5.1898, Florenz (Ripoli)

Es gibt noch viele Gedichte mehr in der Rilke Rosen erwähnt oder Rosen benutzt.
Diese Gedicht jetzt soll vorerst das letzte Gedicht in dieser Serie Rosengedichte sein,
Wobei die Rose meistens als Symbol oder im Text vorkommt.

Rosengedichte, siehe hier:
Rosengedichte im Rosenmonat Juni ] !

Aus: Mir zur Feier.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Es winkt zu Fühlung fast aus allen Dingen

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Rainer Maria Rilke



Es winkt zu Fühlung fast aus allen Dingen

Es winkt zu Fühlung fast aus allen Dingen,
aus jeder Wendung weht es her: Gedenk!
Ein Tag, an dem wir fremd vorübergingen,
entschließt im künftigen sich zum Geschenk.

Wer rechnet unseren Ertrag? Wer trennt
uns von den alten, den vergangnen Jahren?
Was haben wir seit Angebinn erfahren,
als dass sich eins im anderen erkennt?

Als dass an uns Gleichgültiges erwarmt?
O Haus, o Wiesenhang, o Abendlicht,
auf einmal bringst du's beinah zum Gesicht
und stehst an uns, umarmend und umarmt.

Durch alle Wesen reicht der eine Raum:
Weltinnenraum. Die Vögel fliegen still
durch uns hindurch. O, der ich wachsen will,
ich seh hinaus, und in mir wächst der Baum.

Ich sorge mich, und in mir steht das Haus.
Ich hüte mich, und in mir ist die Hut.
Geliebter, der ich wurde: an mir ruht
der schönen Schöpfung Bild und weint sich aus.

Rainer Maria Rilke

August/September 1914,
München oder Irschenhausen



Aus: Gedichte 1910 - 1922.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Mit dem Herzen geben ....

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Rainer Maria Rilke




Amedeo Modigliani
Junge Frau trägt eine Rose, 1916

"Manchmal ist eine Rose wichtiger als ein Stück Brot."
Zitat aus einer Geschichte von Rainer Maria Rilke.

Von Rainer Maria Rilke gibt es eine Geschichte aus der Zeit 
seines ersten Pariser Aufenthaltes.


"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Regenbogen

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Rainer Maria Rilke



Joseph Mallord William Turner
Regenbogen über Heidelberg.

Regenbogen

Aus geducktem Wetterunterstand
in die freien Klärungen zu dringen:
Land war klar wie klare Flüssigkeit;
jeder Hof fing an, sich zu besingen,
so als wäre größtestes Vollbringen
heimlich in geringen Dienst gereiht.

Und dann wandten wir uns: siehe: vor
Regenprunk verbrauchter Finsternisse
mit der Flutung jener Himmelsrisse
hingebognes Augentor.
Drunter klarer noch das linke Land:
ernst, in einem Vorgefühl von Abend,
mundhaft schweigend, tief getrunken habend,
und mit starken Blumen zugewandt.

Rainer Maria Rilke

16.4.1914, Chantilly

Aus: Gedichte 1906 bis 1926.
Sammlung der verstreuten und nachgelassenen Gedichte
aus den mittleren und späten Jahren.


"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

La Dame à la Rose

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Rainer Maria Rilke


Fabienne Marsaudon
"La Dame à la Rose"

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***

Fabienne Marsaudon- La Dame à la Rose


Chanson "La Dame à la Rose"
extraite de l'album "Les Chants de l'Aube" dédié au poète Rainer Maria Rilke.

Publié par les Editions Monte-Cristo
Paroles et musique: Fabienne Marsaudon
Piano: Michel Précastelli
Violoncelle: Véronique Bourlet

Cette chanson a été composée à partir d'une lettre "anonyme" publiée par Edmond Jaloux
dans une biographie de Rilke.
Elle était signée "une femme", probablement amie du poète voulant garder l'anonymat mais souhaitant livrer un souvenir inoubliable d'une anecdote vécue à ses côtés.


Album disponible sur les sites:

www.fabienne-marsaudon.com 
www.montecristo-editions.com

• Kategorie
• Musik
• Lizenz
• Standard-YouTube-Lizenz

"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Das Ehepaar Rilke.

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Rainer Maria Rilke



Das Ehepaar


Clara Westhoff und Rainer Maria Rilke.

Das Ehepaar Rilke heiratete am 28. April 1901 in Bremen.
Das einzige Kind des Ehepaares, die Tochter Ruth
wird am 12. Dezember 1901 
in Westerwede geboren.

Clara Henriette Sophie Rilke, geborene Westhoff 
* 21. November 1878 in Bremen; † 9. März 1954 in Fischerhude, war eine deutsche Bildhauerin und Malerin.

Rainer Maria Rilke 
* 4. Dezember 1875 in Prag; † 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont bei Montreux, Schweiz,
Rainer Maria Rilke, eigentlich: René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke
war Lyriker deutscher Sprache, Östereichischer Bürger der K.u.K Monarchie.


"Leg deine Hand an mein Herz
oder an meine Handgelenke:
Fühlst du, wie ich überall denke?
und ich kann dir nicht sagen was.
Laß dich niemals zu mir bekehren,
und auch ich will mich wehren...." 
Rilke: Aus dem Gedicht Ehe Entwurf von 1901
Rilke nimmt es in keine Sammlung auf.,
erschienen in: 
Wir.
Deutsche Blätter der Künste.
1. Heft, Redakteur Paul Leppin

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Gedichte ....

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Rainer Maria Rilke



Milchstrasse am Nachthimmel

O! Könnt ich, was ich fühle, könnt ichs sagen! -
Doch keine Sprach' ist mir dazu verliehn, 
auf zu den Sternen scheint es mich zu tragen,
die dort in dunkler Ferne leuchtend ziehn, 
ja, immer höher führt ein Feuerwagen 
mich in das Reich der schönsten Phantasien, 
und dieses Herze fühl ich höher schlagen, 
und diese Wangen fühl ich wärmer glühn! 
Des Kummers Wolken seh ich leicht entschweben 
und neue Glut entfacht mir neues Leben!

Rainer Maria Rilke




Aus: Rainer Maria Rilke Sämtliche Werke.
Insel Verlag Frankfurt a. Main 1955.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Zitat

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Rainer Maria Rilke


Zitat

Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.

Rainer Maria Rilke



Aus: Neue Gedichte 1907
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 
"DAS LEBEN IST EINE GELEGENHEIT ZUR GRÖßE" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Nächtliche Fahrt

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Rainer Maria Rilke




Fyodor Vasileyev 
Illumination in St. Petersburg

Nächtliche Fahrt

Sankt Petersburg 

Damals als wir mit den glatten Trabern 
(schwarzen, aus dem Orloff'schen Gestüt) -, 
wahrend hinter hohen Kandelabern 
Stadtnachtfronten lagen, angefrüht, 
stumm und keiner Stunde mehr gemäß -, 
fuhren, nein: vergingen oder flogen 
und um lastende Paläste bogen 
in das Wehn der Newa-Quais, 

hingerissen durch das wache Nachten, 
das nicht Himmel und nicht Erde hat, - 
als das Drängende von unbewachten 
Garten gärend aus dem Ljetnij-Ssad 
aufstieg, während seine Steinfiguren 
schwindend mit ohnmächtigen Konturen 
hinter uns vergingen, wie wir fuhren -: 

damals hörte diese Stadt 
auf zu sein. Auf einmal gab sie zu, 
dass sie niemals war, um nichts als Ruh 
flehend; wie ein Irrer, dem das Wirrn 
plötzlich sich entwirrt, das ihn verriet, 


und der einen jahrelangen kranken 
gar nicht zu verwandelnden Gedanken, 
den er nie mehr denken muss: Granit - 
aus dem leeren schwankenden Gehirn 
fallen fühlt, bis man ihn nicht mehr sieht. 


Rainer Maria Rilke

zwischen dem 9. und 17.8.1907, Paris


Aus: Der neuen Gedichte anderer Teil
A mon grand Ami Auguste Rodin.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

In einem fremden Park

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Rainer Maria Rilke



Rainer Maria Rilke Borgeby 1904


In einem fremden Park

Borgeby-Gård

Zwei Wege sinds.     Sie führen keinen hin. 
Doch manchmal, in Gedanken, lässt der eine 
dich weitergehn.     Es ist, als gingst du fehl; 
aber auf einmal bist du im Rondel 
alleingelassen wieder mit dem Steine 
und wieder auf ihm lesend: Freiherrin 
Brite Sophie - und wieder mit dem Finger 
abfühlend die zerfallne Jahreszahl -. 
Warum wird dieses Finden nicht geringer? 

Was zögerst du ganz wie zum ersten Mal 
erwartungsvoll auf diesem Ulmenplatz, 
der feucht und dunkel ist und niebetreten? 

Und was verlockt dich für ein Gegensatz, 
etwas zu suchen in den sonnigen Beeten, 
als wärs der Name eines Rosenstocks? 

Was stehst du oft? Was hören deine Ohren? 
Und warum siehst du schließlich, wie verloren, 
die Falter flimmern um den hohen Phlox. 



Rainer Maria Rilke

Juli 1906, Paris



Aus: Neue GedichteKarl und Elisabeth von der Heydt in Freundschaft 

"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Der Abenteuerer ....

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Rainer Maria Rilke



Der Abenteuerer

         I
Wenn er unter jene welche waren 
trat: der Plötzliche, der schien
war ein Glanz wie von Gefahren 
in dem ausgesparten Raum um ihn, 

den er lächelnd überschritt, um einer 
Herzogin den Fächer aufzuheben: 
diesen warmen Fächer, den er eben 
wollte fallen sehen. Und wenn keiner 

mit ihm eintrat in die Fensternische 
(wo die Parke gleich ins Träumerische 
stiegen, wenn er nur nach ihnen wies), 
ging er lässig an die Kartentische 
und gewann. Und unterließ 

nicht, die Blicke alle zu behalten, 
die ihn zweifelnd oder zärtlich trafen, 
und auch die in Spiegel fielen, galten. 
Er beschloss, auch heute nicht zu schlafen 

wie die letzte lange Nacht, und bog 
einen Blick mit seinem rücksichtslosen 
welcher war: als hätte er von Rosen 
Kinder, die man irgendwo erzog. 

            II
In den Tagen - (nein, es waren keine), 
da die Flut sein unterstes Verlies 
ihm bestritt, als wär es nicht das seine, 
und ihn, steigend, an die Steine 
der daran gewöhnten Wölbung stieß, 

fiel ihm plötzlich einer von den Namen 
wieder ein, die er vor Zeiten trug. 
Und er wusste wieder: Leben kamen, 
wenn er lockte; wie im Flug 

kamen sie noch warme Leben Toter, 
die er, ungeduldiger, bedrohter, 
weiterlebte mitten drin; 
oder die nicht ausgelebten Leben. 
und er wusste sie hinaufzuheben, 
und sie hatten wieder Sinn. 

Oft war keine Stelle an ihm sicher, 
und er zitterte: Ich bin - - - 
doch im nächsten Augenblicke glich er 
dem Geliebten einer Königin. 

Immer wieder war ein Sein zu haben: 
die Geschicke angefangner Knaben, 
die, als hätte man sie nicht gewagt, 
abgebrochen waren, abgesagt, 
nahm er auf und riss sie in sich hin; 

denn er musste einmal nur die Gruft 
solcher Aufgegebener durchschreiten, 
und die Düfte ihrer Möglichkeiten 
lagen wieder in der Luft. 


Rainer Maria Rilke

I: 5.9.1907 und Frühsommer 1908, 
II: 22.8.-5.9.1907, Paris


Aus: Der neuen Gedichte anderer Teil
A mon grand Ami Auguste Rodin.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Ach aus eines Engels Fühlung falle

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Rainer Maria Rilke



Ach aus eines Engels Fühlung falle

Ach aus eines Engels Fühlung falle
Schein in dieses Meer auf einem Mond,
drin meine Herz, stillringende Koralle,
sein jüngsten Zweigungen bewohnt.

Not, mir von unkenntlichem Verüber
zugefügte, bleibt mir ungewiss,
Strömung zögert, Strömung drängt hinüber,
Tiefe wirkt und Hindernis.

Aus dem starren fühllosen Alten drehn
sich Geschöpfe, plötzlich auserlesen,
und das ewig Stumme aller Wesen
überstürzt ein dröhnendes Geschehn.

Rainer Maria Rilke

Februar 1914, Paris

Corona 10 (1943)

Aus: Gedichte 1910-1922


Keine Straße ist lang mit einem Freund an der Seite.
Sei geduldig mit allen Fragen in deinem Herzen, und versuche, die Fragen an sich zu schätzen.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Der Fremde ....

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Rainer Maria Rilke



Der Fremde

Ohne Sorgfalt, was die Nächsten dächten, 
die er müde nichtmehr fragen hieß, 
ging er wieder fort; verlor, verließ -. 
Denn er hing an solchen Reisenächten 

anders als an jeder Liebesnacht. 
Wunderbare hatte er durchwacht, 
die mit starken Sternen überzogen 
enge Fernen auseinanderbogen 
und sich wandelten wie eine Schlacht; 

andre, die mit in den Mond gestreuten 
Dörfern, wie mit hingehaltnen Beuten, 
sich ergaben, oder durch geschonte 
Parke graue Edelsitze zeigten, 
die er gerne in dem hingeneigten 
Haupte einen Augenblick bewohnte, 
tiefer wissend, dass man nirgends bleibt; 
und schon sah er bei dem nächsten Biegen 
wieder Wege, Brücken, Länder liegen 
bis an Städte, die man übertreibt. 

Und dies alles immer unbegehrend 
hinzulassen, schien ihm mehr als seines 
Lebens Lust, Besitz und Ruhm. 
Doch auf fremden Plätzen war ihm eines 
täglich ausgetretnen Brunnensteines 
Mulde manchmal wie ein Eigentum. 


Rainer Maria Rilke


Frühsommer 1908, Paris

Aus: Der neuen Gedichte anderer Teil - A mon grand Ami Auguste Rodin.



Auguste Rodin

Zitat Auguste Rodin.
"La femme, c'est le Graal véritable." - Les cathédrales de France. 1925.

Zitat Rainer Maria Rilke.
»Die Schriftsteller wirken durch Worte....
die Bildhauer aber durch Taten«

Biografie Auguste Rodin bei Who'sWho


Rainer Maria Rilke - Theoretische Schriften - Auguste Rodin Teil 1 & Teil 2
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

MUSÈE RODIN

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Auguste Rodin :   Musèe Rodin



"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Alles noch nie Gesagte ....

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Rainer Maria Rilke



Alles noch nie Gesagte

Ich glaube an Alles noch nie Gesagte. 
Ich will meine frömmsten Gefühle befrein. 
Was noch keiner zu wollen wagte, 
wird mir einmal unwillkürlich sein. 

Ist das vermessen, mein Gott, vergieb. 
Aber ich will dir damit nur sagen: 
Meine beste Kraft soll sein wie ein Trieb, 
so ohne Zürnen und ohne Zagen; 
so haben dich ja die Kinder lieb. 

Mit diesem Hinfluten, mit diesem Münden 
in breiten Armen ins offene Meer, 
mit dieser wachsenden Wiederkehr 
will ich dich bekennen, will ich dich verkünden 
wie keiner vorher. 

Und ist das Hoffahrt, so lass mich hoffährtig sein 
für mein Gebet, 
das so ernst und allein 
vor deiner wolkigen Stirne steht. 


Rainer Maria Rilke

22.9.1899, Berlin-Schmargendorf


Aus: Das Stundenbuch - Gelegt in die Hände von Lou 
Das Buch vom mönchischen Leben.


Rilke Zitate:
Wunderliches Wort: die Zeit vertreiben!
Sie zu halten, wäre das Problem.
Denn, wen ängstigt's nicht:
wo ist ein Bleiben, wo ein endlich Sein in alledem?
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Schon bricht das Glück ....

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Rainer Maria Rilke



Schon bricht das Glück, verhalten viel zu lang,
höher hervor und überfüllt die Wiese;
der Sommer fühlt schon, der sich streckt, der Riese,
im alten Nußbaum seiner Jugend Drang.

Die leichten Blüten waren bald verstreut,
Das ernstre Grün tritt handelnd in die Bäume,
und, rund um sie, wie wölbten sie die Räume,
und wieviel morgen war von heut zu heut.

Im Mai 1924

Aus: Gedichte, Nachlaß, Vollendetes.


Rilke Zitat:
Nur in der Freude geht noch die Schöpfung vor sich.
Das Glück dagegen ist nur eine versprechliche und deutsame
Konstellation schon vorhandener Dinge,
die Freude aber ist eine wunderbare Vermehrung des schon Bestehenden,
ein purer Zuwachs aus dem Nichts heraus.

"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Weißt Du noch: fallende Sterne

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Rainer Maria Rilke



Weißt Du noch: fallende Sterne....

Weißt Du noch: Fallende Sterne, die
quer wie Pferde durch die Himmel sprangen
über plötzlich hingehaltne Stangen
unsrer Wünsche - hatten wir so viele? -
Denn es sprangen Sterne, ungezählt;
fast ein jeder Aufblick war vermählt
mit dem raschen Wagnis ihrer Spiele,
und das Herz empfand sich als ein Ganzes
unter diesen Trümmern ihres Glanzes
und war heil, als überstünd es sie!


Rainer Maria Rilke


Aus: Gedichte, Nachlaß, Vollendetes.

Zitat Rainer Maria Rilke:  Verwandlung ist nicht Lüge.

"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Mädchen ordnen dem lockigen

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Rainer Maria Rilke



Mädchen ordnen dem lockigen

Mädchen ordnen dem lockigen 
Gott seinen Rebenhang; 
Ziegen stocken, die bockigen, 
Weinbergmauern entlang. 

Amsel formt ihren Lock-Ruf rund,
daß er rollt in den Raum;
Glück der Wiesen wird Hintergrund
für den glücklichen Baum.

Wasser verbinden, was abgetrennt 
drängt ins verständigte Sein, 
mischen in alles ein Element 
flüssigen Himmels hinein


Rainer Maria Rilke


Aus: Gedichte, Nachlaß, Vollendetes.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Gudrun Landgrebe spricht - Rainer Maria Rilke ....

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„Ich bin derselbe noch“ [1901]
YouTube Video


***



 ***

Veröffentlicht am 21.03.2015
Rezitation: Gudrun Landgrebe
von der CD - „Wenn Engel die Erde berühren“
erschienen bei Herder Audio
ISBN 978-3-451-31620-3

Ich bin derselbe noch


Ich bin derselbe noch, der kniete 
vor dir in mönchischem Gewand: 
der tiefe, dienende Levite, 
den du erfüllt, der dich erfand. 
Die Stimme einer stillen Zelle, 
an der die Welt vorüberweht, - 
und du bist immer noch die Welle 
die über alle Dinge geht. 


Es ist nichts andres. Nur ein Meer, 
aus dem die Länder manchmal steigen. 
Es ist nichts andres denn ein Schweigen 
von schönen Engeln und von Geigen, 
und der Verschwiegene ist der, 
zu dem sich alle Dinge neigen, 
von seiner Stärke Strahlen schwer. 



Bist du denn Alles, - ich der Eine, 
der sich ergiebt und sich empört? 
Bin ich denn nicht das Allgemeine, 
bin ich nicht Alles, wenn ich weine, 
und du der Eine, der es hört? 



Hörst du denn etwas neben mir? 
Sind da noch Stimmen außer meiner? 
Ist da ein Sturm? Auch ich bin einer, 
und meine Wälder winken dir. 



Ist da ein Lied, ein krankes, kleines, 
das dich am Micherhören stört, - 
auch ich bin eines, höre meines, 
das einsam ist und unerhört. 



Ich bin derselbe noch, der bange 
dich manchmal fragte, wer du seist. 
Nach jedem Sonnenuntergange 
bin ich verwundet und verwaist, 
ein blasser Allem Abgelöster 
und ein Verschmähter jeder Schar, 
und alle Dinge stehn wie Klöster, 
in denen ich gefangen war. 
Dann brauch ich dich, du Eingeweihter, 
du sanfter Nachbar jeder Not, 
du meines Leidens leiser Zweiter, 
du Gott, dann brauch ich dich wie Brot. 
Du weißt vielleicht nicht, wie die Nächte 
für Menschen, die nicht schlafen, sind: 
da sind sie alle Ungerechte, 
der Greis, die Jungfrau und das Kind. 
Sie fahren auf wie totgesagt, 
von schwarzen Dingen nah umgeben, 
und ihre weißen Hände beben, 
verwoben in ein wildes Leben 
wie Hunde in ein Bild der Jagd. 
Vergangenes steht noch bevor, 
und in der Zukunft liegen Leichen, 
ein Mann im Mantel pocht am Tor, 
und mit dem Auge und dem Ohr 
ist noch kein erstes Morgenzeichen, 
kein Hahnruf ist noch zu erreichen. 
Die Nacht ist wie ein großes Haus. 
Und mit der Angst der wunden Hände 
reißen sie Türen in die Wände, - 
dann kommen Gänge ohne Ende, 
und nirgends ist ein Tor hinaus. 



Und so, mein Gott, ist jede Nacht; 
immer sind welche aufgewacht, 
die gehn und gehn und dich nicht finden. 
Hörst du sie mit dem Schritt von Blinden 
das Dunkel treten? 
Auf Treppen, die sich niederwinden, 
hörst du sie beten? 
Hörst du sie fallen auf den schwarzen Steinen? 
Du musst sie weinen hören; denn sie weinen. 



Ich suche dich, weil sie vorübergehn 
an meiner Tür. Ich kann sie beinah sehn. 
Wen soll ich rufen, wenn nicht den
der dunkel ist und nächtiger als Nacht. 
Den Einzigen, der ohne Lampe wacht 
und doch nicht bangt; den Tiefen, den das Licht 
noch nicht verwöhnt hat und von dem ich weiß, 
weil er mit Bäumen aus der Erde bricht 
und weil er leis 
als Duft in mein gesenktes Angesicht 
aus Erde steigt. 






Rainer Maria Rilke, 

18.9.1901, Westerwede




Aus: Das Stundenbuch,
Gelegt in die Hände von Lou
Das Buch von der Pilgerschaft

Lou, Lou Andreas Salome

"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

Editorische Notiz : Betrifft Rechtschreibung: 
Die Texte von Rainer Maria Rilke
werden nicht im Format der neuen deutschen Rechtschreibung wiedergegeben,
sondern im Originalformat von Rainer Maria Rilke.
Dieser Blog folgt dem Originaltext.

RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926
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