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Channel: RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Gedichte

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Rainer Maria Rilke




August Macke, Spaziergänger am See.


Wenn zwei sich finden tief im Lenzen, 
muß das ein liebes Wandern sein. 
Ein jedes Wort ist ein Ergänzen, 
der weite Weg hat keine Grenzen, 
und tausend Tiefen hat der Hain.

Und lauter leise Lauben warten, 
und lauter linde Lüfte gehn 
mit Lispeln in dem birkenzarten 
Geäst, weil durch den Blütengarten
die Sehnsucht irrt auf sachten Zehn ....


Rainer Maria Rilke


Aus:
Rainer Maria Rilke Sämtliche Werke. Herausgegeben vom Rilke-Archiv.In Verbindung mit Ruth Sieber-Rilke. Besorgt durch Ernst Zinn  
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

Editorische Notiz : Betrifft Rechtschreibung: 
Die Texte von Rainer Maria Rilke
werden nicht im Format der neuen deutschen Rechtschreibung wiedergegeben,
sondern im Originalformat von Rainer Maria Rilke.
Dieser Blog folgt dem Originaltext.

RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Der Bau ....

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Rainer Maria Rilke



Der Bau

Die moderne Bauschablone
will mir wahrlich gar nicht passen.
Hier, dies alte Haus darf fassen
reiche, weite Steinterrassen,
kleine, heimliche Balkone.

Und die weitgewölbten Decken,
die so günstig sind den Lauten,
Nischen rings, die eingebauten,
draus die Arme sich der trauten
Dämmrung dir entgegenstrecken.

Alle Mauern breiter, stärker
und aus echten Quaderkernen; -
traun, das Gruseln könnt ich lernen,
seh ich auf die Zinskasernen
aus dem kleinen, stillen Erker.


Rainer Maria Rilke



Aus: Erste Gedichte
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Liebeslied

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Rainer Maria Rilke




Flitterwochen in Venedig
Jean Lecomte du Nouÿ - 1875


Liebeslied

Wie soll ich meine Seele halten, daß 
sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie 
hinheben über dich zu andern Dingen? 
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas 
Verlorenem im Dunkel unterbringen 
an einer fremden stillen Stelle, die 
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, 
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. 
Auf welches Instrument sind wir gespannt? 
Und welcher Geiger hat uns in der Hand? 
O süßes Lied.

Rainer Maria Rilke

Aus: Neue Gedichte 
Karl und Elisabeth von der Heydt in Freundschaf.


Der Maler:



"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Rainer Maria Rilke - YouTube Video : Liebeslied

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Rainer Maria Rilke



YouTube Video - Liebeslied:

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Veröffentlicht am 10.12.2011
Gedicht von Rainer Maria Rilke /
Rezitation: Ulrich Tukur /
Musik: waterland von Andreas Kolinski /


LIEBESLIED
Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an deine rührt?
Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt,
wenn deineTiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Spieler hat uns in der Hand?
O süßes Lied.

(Rainer Maria Rilke)

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"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Das XXI. Sonett

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Rainer Maria Rilke


ROSEN ....


Edward Okuń, Polen, Zeichnung Rosen ....


Das XXI. Sonett

Singe die Gärten, mein Herz, die du nicht kennst; wie in Glas 
eingegossene Gärten, klar, unerreichbar. 
Wasser und Rosen von Ispahan oder Schiras
singe sie selig, preise sie, keinem vergleichbar. 

Zeige, mein Herz, dass du sie niemals entbehrst. 
Dass sie dich meinen, ihre reifenden Feigen. 
Dass du mit ihren, zwischen den blühenden Zweigen 
wie zum Gesicht gesteigerten Lüften verkehrst. 

Meide den Irrtum, dass es Entbehrungen gebe 
für den geschehnen Entschluss, diesen: zu sein! 
Seidener Faden, kamst du hinein ins Gewebe. 

Welchem der Bilder du auch im Innern geeint bist 
(sei es selbst ein Moment aus dem Leben der Pein), 
fühl, dass der ganze, der rühmliche Teppich gemeint ist. 


Rainer Maria Rilke

 zwischen dem 17. und 23.2.1922, Chateau de Muzot

Aus: Sonette an Orpheus 
 Geschrieben als ein Grab-Mal für Wera Ouckama KnoopChateau de Muzot im Februar 1922I

Geliebtsein heißt aufbrennen.
 Lieben ist: Leuchten mit unerschöpflichem
Öle. Geliebtwerden ist vergehen,
Lieben ist dauern.

Liebende halten einander.

Was aus der Freundschaft erkeimt,
sind einzig die Früchte der Freundschaft;
doch was aus der Liebe erblüht, ist
dies die Liebe nicht selbst?



"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 




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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Heute will ich dir zu Liebe Rosen fühlen ....

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Rainer Maria Rilke

         
Heute will ich dir zu Liebe Rosen fühlen

Heute will ich dir zu Liebe Rosen
fühlen, Rosen fühlen dir zu Liebe,
dir zu Liebe heute lange lange
nicht gefühlte Rosen fühlen: Rosen.

Alle Schalen sind gefüllt; sie liegen
in sich selber, jede hundert Male, -
wie von Talen angefüllte Tale
liegen sie in sich und überwiegen.

So unsäglich wie die Nacht
überwiegen sie den Hingegebnen,
wie die Sterne über Ebnen
überstürzen sie mit Pracht.
Rosennacht, Rosennacht.

Nacht aus Rosen, Nacht aus vielen vielen
hellen Rosen, helle Nacht aus Rosen,
Schlaf der tausend Rosenaugenlider:
heller Rosen-Schlaf, ich bin dein Schläfer.

Heller Schläfer deiner Düfte; tiefer
Schläfer deiner kühlen Innigkeiten.
Wie ich mich dir schwindend überliefer
hast du jetzt mein Wesen zu bestreiten;

sei mein Schicksal aufgelöst
in das unbegreifliche Beruhen,
und der Trieb, sich aufzutuen,
wirke, der sich nirgends stößt.

Rosenraum, geboren in den Rosen,
in den Rosen heimlich auferzogen,
und aus offnen Rosen zugegeben
groß wie Herzraum: dass wir auch nach draußen
fühlen dürfen in dem Raum der Rosen.

Rainer Maria Rilke

Juli 1914, Paris


Edward Okuń



Aus: Gedichte 1910 bis 1922

"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Dame vor dem Spiegel

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Rainer Maria Rilke




Federico Zandomeneghi 
(Italien, 1841-1917), Die Perle.

Dame vor dem Spiegel

Blasse Dame vor den blinden Tiefen
trüber Spiegel, drin berühmtes Haar
welk wird wie die Bänder in den Siegeln
an den alten königlichen Briefen
drinnen längst gekränkten Ländern Güte,
Glück und Künftigkeit versprochen war.
Müde Dame in dem Peignoir
aus mit Einstigem verdünnter Seide
der die Spiegel viel zu Leide tun.
Süße Dame mit den Seidenschuhn
deren Augen auf der Augenweide
in den blinden Spiegeln traurig ruhn,
kaum gewahrend, daß die filigranen
Finger an dem nicht mehr aufgetanen
Ohr das lange Perlenohrgehänge
hoffnungslos versuchen -. Große Dame
die, in Würde diese Übergänge
abzuwarten, sich dem trüben Glase
grauer Spiegel überläßt, in denen
Tränen stehen, und in die sich lahme
welke Rosen aus der Sèvres-Vase,
starre staubige, hinübersehnen.

Rainer Maria Rilke

Paris, Anfang August 1907

Aus : Gedichte, Nachlass, Entwürfe.

"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Durchscheinendes Dunkel schwankt im Wind

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Rainer Maria Rilke



Durchscheinendes Dunkel schwankt im Wind

Durchscheinendes Dunkel schwankt im Wind,
und die Nacht wird regnen.
Von den Dingen die um uns sind
wird uns nichts begegnen.
Aber Fernes wird im Kreis
wartend um uns verweilen.
Heiß mich nicht erschrecken, heiß
mich alles mit ihm teilen.

Rainer Maria Rilke

Capri, Mitte März 1907


Aus : Gedichte, Nachlass, Entwürfe.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Rilke Schnipsel

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Rainer Maria Rilke



Aus meinem Sudelbüchle.
Für schnelle Notizen benütze ich die "Google Notizen-Notizen und Listen"
und eben für mein Sudelbüchle die Programme und Apps von Microsoft: "One Note".


Der Ausschnitt stammt aus der Zeitschrift : Jugend:
Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben 
31.1926, Band 1 (Nr. 1-26) 
aus den Heidelberger Historischen Beständen der Unibibliothek Heidelberg. Digitalisat:




Hier noch ein ebenso in sich versunkener Dichter gezeichnet von Niklaus Stöcklin 1920.


Niklaus Stöcklin, Rilke  1920.
Mein Blogpost zu Stöcklin, Franziska & Niklaus



Rilke nach einer Zeichnung von Emil Orlik.
Stammt aus einer Kneipzeitung des Vereins Deutscher Bildender Künstler - Prag.
Hier noch mit dem Gedicht : "An Manche"


mit der Rilke Zeichnung (Karikatur) von Emil Orlik.

Das Gedicht "An Manche"

Vor dem Alten hegt ihr Scheu,
Ihr sucht stets nach neuen Stoffen
Eines nur ist euer Hoffen:
Originell zu sein und neu.

Nun das ist ganz ehrenhaft,
Da gibts manches kühn zu wagen;
Doch, gestattet mir zu fragen:
Liegt im Stoffe denn die Kraft?

Ei, so löst mir das Problem!
Nur des Kindes müßt ihr denken.
Formt es nicht mit ungelenken
Fingern - Klumpen sich aus Lehm ? -

Doch derselbe Lehm besaß,
Seht, welch' Wunder, soviel Stärke,
Daß er ward zum Meisterwerke
In der Hand des Phidias ! ! 

Rainer Maria Rilke


Phidias

Sudelbüchle, ist wo ich mir meine Notizen und Schnipsel (Ausschnitte)
zu Rainer Maria Rilke etc. aufbewahre.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Rosen ....

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Rainer Maria Rilke




Sebastian Wegmayr-Österreich- Rosen.



Das Rosen-Innere

Wo ist zu diesem Innen 
ein Außen? Auf welches Weh 
legt man solches Linnen ? 
Welche Himmel spiegeln sich drinnen 
in dem Binnensee 
dieser offenen Rosen, 
dieser sorglosen, sieh: 
wie sie lose im Losen 
liegen, als könnte nie 
eine zitternde Hand sie verschütten. 
Sie können sich selber kaum 
halten; viele ließen 
sich überfüllen und fließen 
über von Innenraum 
in die Tage, die immer 
voller und voller sich schließen, 
bis der ganze Sommer ein Zimmer 
wird, ein Zimmer in einem Traum. 


Rainer Maria Rilke

2.8.1907, Paris



Aus: Der neuen Gedichte anderer Teil 
A mon grand Ami Auguste Rodin.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Einmalige Straße wie ein Sternenfall

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Rainer Maria Rilke




Gergia O' Keefe,
Sternennacht 1922



Einmalige Straße wie ein Sternenfall

Einmalige Straße wie ein Sternenfall,
im gleichen Augenblick durch Blick und All
stürzender Stern. O Liebesaugenblick.
Da liegt Geschick wie Strom und Land, mit so
gebäumten Städten . . . . . . . . .
                        aber wo
bist du zu fassen?

Rainer Maria Rilke

1914/15, Ort unbekannt ?

Aus: Gedichte von 1910 bis 1922
Sammlung der verstreuten und nachgelassenen Gedichte
aus den mittleren und späten Jahren.

"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Lösch mir die Augen aus ....

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Rainer Maria Rilke



You Tube Video.

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Veröffentlicht am 02.07.2011
Gedicht von Rainer Maria Rilke /
Rezitation: Klaus Kindler /
Fotos: Rupert Larl /
YouTube Standard Lizenz

Rainer Maria Rilke,
"Die Kunst Gefühle in Worte zu fassen"

Lösch mir die Augen aus

Lösch mir die Augen aus: ich kann dich sehn,
wirf mir die Ohren zu: ich kann dich hören,
und ohne Füße kann ich zu dir gehn,
und ohne Mund noch kann ich dich beschwören.
Brich mir die Arme ab, ich fasse dich
mit meinem Herzen wie mit einer Hand,
halt mir das Herz zu, und mein Hirn wird schlagen,
und wirfst du in mein Hirn den Brand,
so werd ich dich auf meinem Blute tragen.

Rainer Maria Rilke

Sommer / Herbst 1899, (?)




Aus: Das Stundenbuch 
Gelegt in die Hände von Lou,
Das Buch von der Pilgerschaft.


Jeder Tag soll und muss einen Sinn haben,
und erhalten soll er ihn nicht vom Zufall, 
sondern von mir.

Rainer Maria Rilke

"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Vorgefühl ....

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Rainer Maria Rilke




Hans Ødegaard
Innseilingen til Bergen (1921)



Vorgefühl

Ich bin wie eine Fahne von Fernen umgeben. 
Ich ahne die Winde, die kommen, und muss sie leben, 
während die Dinge unten sich noch nicht rühren: 
die Türen schließen noch sanft, und in den Kaminen ist Stille; 
die Fenster zittern noch nicht, und der Staub ist noch schwer. 

Da weiß ich die Stürme schon und bin erregt wie das Meer. 
Und breite mich aus und falle in mich hinein 
und werfe mich ab und bin ganz allein 
in dem großen Sturm. 


Rainer Maria Rilke


Herbst 1904?, Schweden?



Aus: Das Buch der Bilder
Des ersten Buches zweiter Teil.
"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Der kleine Tod

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Rainer Maria Rilke



Der kleine Tod

Ich kann nicht glauben, dass der kleine Tod, 
dem wir doch täglich übern Scheitel schauen, 
uns eine Sorge bleibt und eine Not. 

Ich kann nicht glauben, dass er ernsthaft droht; 
ich lebe noch, ich habe Zeit zu bauen: 

mein Blut ist länger als die Rosen rot. 
Mein Sinn ist tiefer als das witzige Spiel 
mit unsrer Furcht, darin er sich gefällt. 
Ich bin die Welt, 
aus der er irrend fiel. 

       Wie er 
kreisende Mönche wandern so umher; 
man fürchtet sich vor ihrer Wiederkehr, 
man weiß nicht: ist es jedesmal derselbe, 
sinds zwei, sinds zehn, sinds tausend oder mehr? 
Man kennt nur diese fremde gelbe Hand, 
die sich ausstreckt so nackt und nah - 
da da: 
als käm sie aus dem eigenen Gewand. 



Rainer Maria Rilke

26.9.1899, Berlin-Schmargendorf



Aus: Das Stundenbuch 
Gelegt in die Hände von Lou - Das Buch vom mönchischen Leben 


"Vergessen Sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit!" 

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

"ROSENERBEN"

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Rainer Maria Rilke




PAULA MODERSON BECKER
Rosenranken und schlafende Schönheit.


Weißt du, daß ich dir müde Rosen flechte 
ins Haar, das leis ein weher Wind bewegt - 
Siehst du den Mond wie eine silberechte 
Merkmünze, und dein Bild ist eingeprägt: 
ein Weib, das lächelnd dunkle Dornen trägt - 
Das ist das Zeichen toter Liebesnächte. 

Fühlst du die Rosen auf der Stirne sterben? 
Und jede läßt die Schwester schauernd los 
und muß allein verdarben und verderben, 
und alle fallen fahl in deinen Schoß. 
Dort sind sie tot. Ihr Leid war leis und groß. 
Komm in die Nacht. Und wir sind Rosenerben. 

Rainer Maria Rilke


- 1897 -

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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Rilke Schnipsel ....

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Rainer Maria Rilke und Emil Orlik
mit einem Gedicht von René Rilke und einer Zeichnung von Emil Orlik.





Sudelbüchle, Rilke Schnipsel.
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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Natur ist glücklich

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Theodor von Hormann
Glückliche Frühlingsträume.



Natur ist glücklich

Natur ist glücklich. Doch in uns begegnen
sich zuviel Kräfte, die sich wirr bestreiten:
wer hat ein Frühjahr innen zu bereiten?
Wer weiß zu scheinen? Wer vermag zu regnen?

Wem geht ein Wind durchs Herz, unwidersprechlich?
Wer faßt in sich der Vogelflüge Raum?
Wer ist zugleich so biegsam und gebrechlich
wie jeder Zweig an einem jeden Baum?

Wer stürzt wie Wasser über seine Neigung
ins unbekannte Glück so rein, so reg?
Und wer nimmt still und ohne Stolz die Steigung
und hält sich oben wie ein Wiesenweg?

Rainer Maria Rilke

Aus: Die Gedichte 1910 bis 1922 (München, Frühjahr 1919)

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Auswanderer-Schiff

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Jean Baptiste Camille Corot, Neapel, 
Napoli, Castel dell'Ovo 1828



Auswanderer-Schiff

Neapel

Denk: daß einer heiß und glühend flüchte,
und die Sieger wären hinterher,
und auf einmal machte der
Flüchtende kurz, unerwartet, Kehr
gegen Hunderte –: so sehr
warf sich das Erglühende der Früchte
immer wieder an das blaue Meer:

als das langsame Orangen-Boot
sie vorübertrug bis an das große
graue Schiff, zu dem, von Stoß zu Stoße,
andre Boote Fische hoben, Brot, –
während es, voll Hohn, in seinem Schoße
Kohlen aufnahm, offen wie der Tod.


Rainer Maria Rilke 



18.8.1907, Paris






Aus: Neue Gedichte
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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

Ich liebe vergessene Flurmadonnen

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Rainer Maria Rilke

24
07

Liebe Lieben

Ich liebe vergessene Flurmadonnen

Ich liebe vergessene Flurmadonnen,
die ratlos warten auf irgendwen,
und Mädchen, die an einsame Bronnen,
Blumen im Blondhaar, träumen gehn.

Und Kinder, die in die Sonne singen
und staunend groß zu den Sternen sehn,
und die Tage, wenn sie mir Lieder bringen,
und die Nächte, wenn sie in Blüten stehn.

Rainer Maria Rilke

Aus: Gaben, Erste Gedichte
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RAINER MARIA RILKE . 1875 - 1926

LIEBEN

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25
07
Liebe Lieben
WIR

Wir saßen beide in Gedanken
im Weinblattdämmer - du und ich -
und über uns in duftgen Ranken
versummte wo ein Hummel sich.

Reflexe hielten, bunte Kreise,
in deinem Haare flüchtig Rast ...
Ich sagte nichts als einmal leise:
"Was du für schöne Augen hast."

Rainer Maria Rilke


Aus: Erste Gedichte, Lieben
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