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Channel: RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Oh erhöhe mich nicht! ....

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Vincent van Gogh, Mohnblumenfeld [im Wind].


Oh erhöhe mich nicht!
Wer weiß, ob ich rag.
Heb nur leise dein Angesicht,
daß dir mein Niederschlag
fast wie dein eigenes Weinen sei.
Stürmt meine Stärke an dir vorbei,
stelle dich aufrecht in meinen Wind;
schließe die Lider vor meinem Wehn,
sei blind

vor lauter Mich-sehn.

Rainer Maria Rilke

Gedichte&Kunst - Maler: Vincent Willem van Gogh


RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
Mehr von Rilke immer unter : Mit Rilke durch das Jahr.

Geo ::. 
Maison Courtenay 
QUOD VERUM TUTUM


Der Apfelgarten

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Camille Pissarro, Sonnenuntergang. 1872
Komm gleich nach dem Sonnenuntergange,
sieh das Abendgrün des Rasengrunds;
ist es nicht, als hätten wir es lange
angesammelt und erspart in uns,

um es jetzt aus Fühlen und Erinnern,
neuer Hoffnung, halbvergessnem Freun,
noch vermischt mit Dunkel aus dem Innern,
in Gedanken vor uns hinzustreun

unter Bäume wie von Dürer, die
das Gewicht von hundert Arbeitstagen
in den überfüllten Früchten tragen,
dienend, voll Geduld, versuchend, wie

das, was alle Maße übersteigt,
noch zu heben ist und hinzugeben,
wenn man willig, durch ein langes Leben
nur das Eine will und wächst und schweigt.

Borgeby-Gård

Rainer Maria Rilke


Aus: Der neuen Gedichte Anderer Teil.

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RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
Mehr von Rilke immer unter : Mit Rilke durch das Jahr.


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Geo ::. 
Maison Courtenay 
QUOD VERUM TUTUM

Liebe, Lieben, in Rilkes Gedichten ....

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Das Wort Liebe, Lieben oder Gedichte in Bezug auf Liebe.
Eine Suche von mir in Rilkes Gedichten vorkommend.
Gustav Klimt, Waldteich, der Engelsee bei Glling. 1899.

Waldteich, weicher, in sich eingekehrter

Waldteich, weicher, in sich eingekehrter -,
draußen ringt das ganze Meer und braust,
aufgeregte Fernen drücken Schwerter
jedem Sturmstoß in die Faust -,
während du aus dunkler unversehrter
Tiefe     Spiele der Libellen schaust.

Was dort jenseits eingebeugter Bäume
Überstürzung ist und Drang und Schwung,
spiegelt sich in deine Innenräume
als verhaltene Verdüsterung;
ungebogen steht um dich der Wald
voll von steigendem Verschweigen.
Oben nur, im Wipfel-Ausblick, zeigen
Wolken sagenhafte Kampfgestalt.

Dann: im teilnahmslosen Zimmer sein,
einer sein, der beides weiß.
O der Kerze kleiner Kreis,
und die Menschennacht bricht ein
und vielleicht ein Schmerz im Körper innen.
Soll ich mich des Sturmmeeres jetzt entsinnen
oder Bild des Teichs in mir behüten
oder, weil mir beide gleich entrinnen,
Blüten denken -, jenes Garten Blüten -?
Ach wer kennt, was in ihm überwiegt.
Mildheit, Schrecken? Blicke, Stimmen, Bücher?
Und das alles nur wie stille Tücher
Schultern einer Kindheit angeschmiegt,
welche schläft in dieses Lebens Wirrn.
Dass mich eines ganz ergreifen möge.
Schauernd berg ich meine Stirn,
denn ich weiß: die Liebeüberwöge.

Wo ist einer, der sie kann?
Wenn ich innig mich zusammenfasste
vor die unvereinlichsten Kontraste:
weiter kam ich nicht: ich schaute an;
blieb das Angeschaute sich entziehend,
schaut ich unbedingter, schaute knieend,
bis ich es in mich gewann.

Fand es in mir Liebe vor?
Tröstung für das aufgegebne Freie,
wenn es sich aus seiner Weltenreihe
wie mit unterdrücktem Schreie
in den ungekannten Geist verlor?

Hab ich das Errungene gekränkt,
nichts bedenkend, als wie ich mirs finge,
und die großgewohnten Dinge
im gedrängten Herzen eingeschränkt?
Fasst ich sie wie dieses Zimmer mich,
dieses fremde Zimmer mich und meine
Seele fasst?
            O hab ich keine Haine
in der Brust? kein Wehen? keine
Stille, atemleicht und frühlinglich?

Bilder, Zeichen, dringend aufgelesen,
hat es euch, in mir zu sein, gereut? -
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Oh, ich habe zu der Welt kein Wesen,
wenn sich nicht da draußen die Erscheinung,
wie in leichter vorgefasster Meinung,
weither heiter in mich freut.

Rainer Maria Rilke

19./20.6.1914, Paris

Aus: Späte Gedichte. Leipzig 1934.


RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
Mehr von Rilke immer unter : Mit Rilke durch das Jahr.
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QUOD VERUM TUTUM

Liebe, Lieben, in Rilkes Gedichten ....

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Hertha Koenig.
HERTHA KOENIG
* 24. Januar 1884 auf Gut Böckel in Rödinghausen-Bieren,
† 12. Oktober 1976 auf Gut Böckel in Rödinghausen-Bieren. war eine deutsche Schriftstellerin und Salonnière. [ W ]

Das Wort Liebe, Lieben oder Gedichte in Bezug auf Liebe.
Eine Suche von mir in Rilkes Gedichten vorkommend. ....

Die fünfte Elegie

Frau Hertha Koenig zugeeignet

Wer aber sind sie, sag mir, die Fahrenden, diese ein wenig 
Flüchtigern noch als wir selbst, die dringend von früh an 
wringt ein wem, wem zu Liebe 
niemals zufriedener Wille? Sondern er wringt sie, 
biegt sie, schlingt sie und schwingt sie, 
wirft sie und fängt sie zurück; wie aus geölter, 
glatterer Luft kommen sie nieder 
auf dem verzehrten, von ihrem ewigen 
Aufsprung dünneren Teppich, diesem verlorenen 
Teppich im Weltall. 
Aufgelegt wie ein Pflaster, als hätte der Vorstadt- 
Himmel der Erde dort wehe getan.
                                                                Und kaum dort, 
aufrecht, da und gezeigt: des Dastehns 
großer Anfangsbuchstab..., schon auch, die stärksten 
Männer, rollt sie wieder, zum Scherz, der immer 
kommende Griff, wie August der Starke bei Tisch 
einen zinnenen Teller. 


Ach und um diese 
Mitte, die Rose des Zuschauns: 
blüht und entblättert. Um diesen 
Stampfer, den Stempel, den von dem eignen 
blühenden Staub getroffnen, zur Scheinfrucht 
wieder der Unlust befrucheten, ihrer 
niemals bewussten, - glänzend mit dünnster 
Oberfläche leicht scheinlächelnden Unlust. 


Da: der welke, faltige Stemmer, 
der alte, der nur noch trommelt, 
eingegangen in seiner gewaltigen Haut, als hätte sie früher 
zwei Männer enthalten, und einer 
läge nun schon auf dem Kirchhof, und er überlebte den andern, 
taub und manchmal ein wenig 
wirr, in der verwitweten Haut. 


Aber der junge, der Mann, als wär er der Sohn eines Nackens 
und einer Nonne: prall und strammig erfüllt 
mit Muskeln und Einfalt. 


Oh ihr, 
die ein Leid, das noch klein war, 
einst als Spielzeug bekam, in einer seiner 
langen Genesungen .... 


Du, der mit dem Aufschlag, 
wie nur Früchte ihn kennen, unreif, 
täglich hundertmal abfällt vom Baum der gemeinsam 
erbauten Bewegung (der, rascher als Wasser, in wenig 
Minuten Lenz, Sommer und Herbst hat) - 
abfällt und anprallt ans Grab: 
manchmal, in halber Pause, will dir ein liebes 
Antlitz entstehn hinüber zu deiner selten 
zärtlichen Mutter; doch an deinen Körper verliert sich, 
der es flächig verbraucht, das schüchtern 
kaum versuchte Gesicht... Und wieder 
klatscht der Mann in die Hand zu dem Ansprung, und eh dir 
jemals ein Schmerz deutlicher wird in der Nähe des immer 
trabenden Herzens, kommt das Brennen der Fußsohln 
ihm, seinem Ursprung, zuvor mit ein paar dir 
rasch in die Augen gejagten leiblichen Tränen. 
Und dennoch, blindlings, 
das Lächeln .... 


Engel! o nimms, pflücks, das kleinblütige Heilkraut. 
Schaff eine Vase, verwahrs! Stells unter jene, uns noch nicht 
offenen Freuden; in lieblicher Urne 
rühms mit blumiger schwungiger Aufschrift: >Subrisio Saltat.<. 


Du dann, Liebliche
du, von den reizendsten Freuden 
stumm Übersprungne. Vielleicht sind 
deine Fransen glücklich für dich -, 
oder über den jungen 
prallen Brüsten die grüne metallene Seide 
fühlt sich unendlich verwöhnt und entbehrt nichts. 
Du, 
immerfort anders auf alle des Gleichgewichts schwankende Waagen 
hingelegte Marktfrucht des Gleichmuts, 
öffentlich unter den Schultern. 


Wo, o wo ist der Ort - ich trag ihn im Herzen -, 
wo sie noch lange nicht konnten, noch voneinander 
abfieln, wie sich bespringende, nicht recht 
paarige Tiere; - 
wo die Gewichte noch schwer sind; 
wo noch von ihren vergeblich 
wirbelnden Stäben die Teller 
torkeln..... 

Und plötzlich in diesem mühsamen Nirgends, plötzlich 
die unsägliche Stelle, wo sich das reine Zuwenig 
unbegreiflich verwandelt -, umspringt 
in jenes leere Zuviel. 
Wo die vielstellige Rechnung 
zahlenlos aufgeht. 


Plätze, o Platz in Paris, unendlicher Schauplatz, 
wo die Modistin, Madame Lamort, 
die ruhlosen Wege der Erde, endlose Bänder, 
schlingt und windet und neue aus ihnen 
Schleifen erfindet, Rüschen, Blumen, Kokarden, künstliche Früchte -, alle 
unwahr gefärbt, - für die billigen 
Winterhüte des Schicksals. 
.........................

Engel!: Es wäre ein Platz, den wir nicht wissen, und dorten, 
auf unsäglichem Teppich, zeigten die Liebenden, die's hier 
bis zum Können nie bringen, ihre kühnen 
hohen Figuren des Herzschwungs, 
ihre Türme aus Lust, ihre 
längst, wo Boden nie war, nur an einander 
lehnenden Leitern, bebend, - und könntens, 
vor den Zuschauern rings, unzähligen lautlosen Toten: 
      Würfen die dann ihre letzten, immer ersparten, 
immer verborgenen, die wir nicht kennen, ewig 
gültigen Münzen des Glücks vor das endlich 
wahrhaft lächelnde Paar auf gestilltem 
Teppich? 

Rainer Maria Rilke 
14.2.1922, Muzot.


RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
Mehr von Rilke immer unter : Mit Rilke durch das Jahr.
Geo ::. 
Maison Courtenay 
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Liebe, Lieben, in Rilkes Gedichten ....

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Vincent van Gogh, Vase mit Mohnblumen.
Das Wort Liebe, Lieben oder Gedichte in Bezug auf Liebe.
Eine Suche von mir in Rilkes Gedichten vorkommend.


Schlaf-Mohn

Abseits im Garten blüht der böse Schlaf, 
in welchem die, die heimlich eingedrungen, 
die Liebe fanden junger Spiegelungen, 
die willig waren, offen und konkav, 

und Träume, die mit aufgeregten Masken 
auftraten, riesiger durch die Kothurne -: 
das alles stockt in diesen oben flasken 
weichlichen Stengeln, die die Samenurne 

(nachdem sie lang, die Knospe abwärts tragend, 
zu welken meinten) festverschlossen heben: 
gefranste Kelche auseinanderschlagend, 
die fieberhaft das Mohngefäß umgeben. 

Rainer Maria Rilke

Frühsommer 1908, Paris


Schlafmohn:

Schlafmohn, Illustration.
Schlafmohnkapseln (Opium Poppy)

Das Endprodukt:
Apothekengefäß zur Aufbewahrung von Opium als Arzneimittel aus dem 18. oder 19. Jahrhundert


RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Liebe, Lieben, in Rilkes Gedichten ....

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Rainer Maria Rilke, Porttrait von Helmut Westhoff.
Das Wort Liebe, Lieben oder Gedichte in Bezug auf Liebe.

Eine Suche von mir in Rilkes Gedichten vorkommend.

Du Ewiger

Du Ewiger, du hast dich mir gezeigt.
Ich liebe dich wie einen lieben Sohn,
der mich einmal verlassen hat als Kind,
weil ihn das Schicksal rief auf einen Thron,
vor dem die Länder alle Täler sind.
Ich bin zurückgeblieben wie ein Greis,
der seinen großen Sohn nicht mehr versteht
und wenig von den neuen Dingen weiß,
zu welchen seines Samens Wille geht.
Ich bebe manchmal für dein tiefes Glück,
das auf so vielen fremden Schiffen fährt,
ich wünsche manchmal dich in mich zurück,
in dieses Dunkel, das dich großgenährt.
Ich bange manchmal, dass du nichtmehr bist,
wenn ich mich sehr verliere an die Zeit.
Dann les ich von dir: der Evangelist
schreibt überall von deiner Ewigkeit.

Ich bin der Vater; doch der Sohn ist mehr,
ist alles, was der Vater war, und der,
der er nicht wurde, wird in jenem groß;
er ist die Zukunft und die Wiederkehr,
er ist der Schoß, er ist das Meer....

Rainer Maria Rilke
18.9.1901, Westerwede
Sieh, ich bin nicht

Sieh, ich bin nicht, aber wenn ich wäre,
wäre ich die Mitte im Gedicht;
das Genaue, dem das ungefähre
ungefühlte Leben widerspricht.

Sieh ich bin nicht. Den die Andern sind;
während sie sich zu einander kehren
blind und im vergesslichsten Begehren -,
tret ich leise in den leeren Hund und in das volle Kind.

Wenn ich mich in ihnen tief verkläre
scheint durch sie mein reiner Schein...
Aber plötzlich gehn sie wieder ein:
denn ich bin nicht. (Liebe, dass ich wäre -)


Rainer Maria Rilke
7.10.1914, München
Wege mit Rilke, Lou Albert-Lasard. Frankfurt/Main 1952.

RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Maison Courtenay 
QUOD VERUM TUTUM

Rainer Maria Rilke „Liebesanfang"

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*
Liebesanfang

O Lächeln, erstes Lächeln, unser Lächeln.
Wie war das Eines: Duft der Linden atmen,
Parkstille hören - , plötzlich in einander
aufschaun und staunen bis heran ans Lächeln.

In diesem Lächeln war Erinnerung
an einen Hasen, der da eben drüben
im Rasen spielte; dieses war die Kindheit
des Lächelns. Ernster schon war ihm des Schwanes
Bewegung eingegeben, den wir später
den Weiher teilen sahen in zwei Hälften
lautlosen Abends. - Und der Wipfel Ränder
gegen den reinen, freien, ganz schon künftig
nächtigen Himmel hatten diesem Lächeln
Ränder gezogen gegen die entzückte
Zukunft im Antlitz.


Rainer Maria Rilke
Frühjahr oder Sommer 1915, München
Gesammelte Werke, Band III. Leipzig 1927.

Caspar David Friedrich, Schwäne im Schilf.
1.Revision - nach dem Posten sind jedes mal die Videos weg! Entschuldigung, Systemfehler bei Blogger, ich weiß es noch nicht. mal schauen. :( ....

Geo ::.
Maison Courtenay
QUOD VERUM TUTUM

Und sagen sie ....

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....Und sagen sie das Leben sei ein Traum: das nicht;
nicht Traum allein. Traum ist ein Stück vom Leben.
Ein wirres Stück, in welchem sich Gesicht
und Sein verbeißt und ineinanderflicht
wie goldne Tiere, Königen von Theben
aus ihrem Tod genommen (der zerbricht).

Traum ist Brokat der von dir niederfließt,
Traum ist ein Baum, ein Glanz der geht, ein Laut -;
ein Fühlen das in dir beginnt und schließt
ist Traum; ein Tier das dir ins Auge schaut
ist Traum; ein Engel welcher dich genießt
ist Traum. Traum ist das Wort, das sanften Falles
in dein Gefühl fällt wie ein Blütenblatt
das dir im Haar bleibt: licht, verwirrt und matt -,
hebst du die Hände auf: auch dann kommt Traum,
kommt in sie wie das Fallen eines Balles -;
fast alles träumt -,
                          du aber trägst das alles.

Du trägst das alles. Und wie trägst du´s schön.
So wie mit deinem Haar damit beladen.
Und aus den Tiefen kommt es, von den Höhn
kommt es zu dir und wird von deinen Gnaden...

Da wo du bist hat nichts umsonst geharrt,
um dich die Dinge nehmen nirgend Schaden,
und mir ist so als hätt ich schon gesehn,
daß Tiere sich in deinen Blicken baden
und trinken deine klare Gegenwart.

Nur wer du bist: das weiß ich nicht. Ich weiß
nur deinen Preis zu singen: Sagenkreis
um eine Seele,
                    Garten um ein Haus,
in dessen Fenstern ich den Himmel sah -,

Und wenn es Nacht ist -: was für große Sterne
müssen sich nicht in diesen Fenstern spiegeln....

RAINER MARIA RILKE

Aus: Die Gedichte 1906 bis 1910 (Paris, Juni 1906)


RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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QUOD VERUM TUTUM


Liebe, Lieben in Rilkes Gedichten ....

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Auch du hast es einmal erlebt

Auch du hast es einmal erlebt, ich weiß:
Der Tag ermattete in armen Gassen,
und seine Liebe wurde zweifelnd leis -

Dann ist ein Abschiednehmen rings im Kreis:
es schenken sich die müden Mauermassen
die letzten Fensterblicke, hell und heiß,

bis sich die Dinge nicht mehr unterscheiden.
Und halb im Traume hauchen sie sich zu:
Wie wir uns alle heimlich verkleiden,
in graue Seiden
alle uns kleiden, -
wer von uns beiden
bist jetzt du?

Rainer Maria Rilke
4.2.1898, Berlin

RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Liebe, Lieben in Rilkes Gedichten ....

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Gerüchte gehn, die dich vermuten

Gerüchte gehn, die dich vermuten, 
und Zweifel gehn, die dich verwischen. 
Die Trägen und die Träumerischen 
misstrauen ihren eignen Gluten 
und wollen, dass die Berge bluten, 
denn eher glauben sie dich nicht. 

Du aber senkst dein Angesicht. 

Du könntest den Bergen die Adern aufschneiden 
als Zeichen eines großen Gerichts; 
aber dir liegt nichts 
an den Heiden. 

Du willst nicht streiten mit allen Listen 
und nicht suchen die Liebe des Lichts; 
denn dir liegt nichts 
an den Christen. 

Dir liegt an den Fragenden nichts. 
Sanften Gesichts 
siehst du den Tragenden zu. 

Rainer Maria Rilke
19.9.1901, Westerwede

RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Gedichte von Rainer Maria Rilke ....

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Sir Lawrence Alma Tadema, the Roses of Heliogabalus. 1888.

Heute will ich dir zu Liebe Rosen fühlen

Heute will ich dir zu Liebe Rosen
fühlen, Rosen fühlen dir zu Liebe,
dir zu Liebe heute lange lange
nicht gefühlte Rosen fühlen: Rosen.

Alle Schalen sind gefüllt; sie liegen
in sich selber, jede hundert Male, -
wie von Talen angefüllte Tale
liegen sie in sich und überwiegen.

So unsäglich wie die Nacht
überwiegen sie den Hingegebnen,
wie die Sterne über Ebnen
überstürzen sie mit Pracht.
Rosennacht, Rosennacht.

Nacht aus Rosen, Nacht aus vielen vielen
hellen Rosen, helle Nacht aus Rosen,
Schlaf der tausend Rosenaugenlider:
heller Rosen-Schlaf, ich bin dein Schläfer.

Heller Schläfer deiner Düfte; tiefer
Schläfer deiner kühlen Innigkeiten.
Wie ich mich dir schwindend überliefer
hast du jetzt mein Wesen zu bestreiten;

sei mein Schicksal aufgelöst
in das unbegreifliche Beruhen,
und der Trieb, sich aufzutuen,
wirke, der sich nirgends stößt.

Rosenraum, geboren in den Rosen,
in den Rosen heimlich auferzogen,
und aus offnen Rosen zugegeben
groß wie Herzraum: dass wir auch nach draußen
fühlen dürfen in dem Raum der Rosen.

Rainer Maria Rilke

Juli 1914, Paris
Insel Almanach 1953


Wo die Wurzeln ihrer Liebe ringen

Wo die Wurzeln ihrer Liebe ringen
in dem Dunkel alter Unterlagen,
bei den Sagen der Gefühle sind die
Liebenden, die wachsen, nie gewesen.

Stehen beide in dem einen Stamme,
in der Rinde ihres Loses. Heben
Leben in die Flamme. Geben
rein sich weiter in den eignen Wipfel.

O vermöchten sie, sich in dem leichten
obersten Gezweig zu scheiden scheinbar.
Hingereichten an den hergereichten
Himmeln ist die Trennung nicht mehr weinbar.


Rainer Maria Rilke

zwischen dem 25. und 29.9.1914, Irschenhausen
aus dem Umkreis der Gedichte für Lulu.


Du nur, einzig du bist

Du nur, einzig du bist.
Wir aber gehn hin, bis einmal
unsres Vergehens so viel ist,
dass du entstehst: Augenblick,
schöner, plötzlicher,
in der Liebe entstehst oder,
entzückt, in des Werkes Verkürzung.

Dein bin ich, dein; wieviel mir die Zeit auch
anhat.   Von dir zu dir
bin ich befohlen.   Dazwischen
hängt die Guirlande im Zufall, dass aber du sie
auf- und auf- und aufnimmst:
siehe: die Feste!

Rainer Maria Rilke

1914/15, Ort unbekannt.
Gedichte 1906 bis 1926.
Sammlung der verstreuten und nachgelassenen Gedichte,
aus den mittleren und späten Jahren.

Es sind heute ein paar Gedichte mehr von Rainer Maria Rilke im Post, damit meiner geneigten Leserschaft die Zeit nicht zu lange wird. Der Rilke Blog macht eine kleine Blog-Sommerpause.
Allen Lesern eine schöne Zeit und beste Wünsche.
Herzlichst George.

RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Herbst, von Rainer Maria Rilke ....

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Herbst

Die Blätter fallen, fallen wie von weit, 
als welkten in den Himmeln ferne Gärten; 
sie fallen mit verneinender Gebärde. 

Und in den Nächten fällt die schwere Erde 
aus allen Sternen in die Einsamkeit. 

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. 
Und sieh dir andre an: es ist in allen. 

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen 
unendlich sanft in seinen Händen hält. 

Rainer Maria Rilke
11.9.1902, Paris

Fotor App, Win 8.1 | G.d.C.

 
RAINER MARIA RILKE - Herbst

Veröffentlicht am 16.09.2013
Gedicht von Rainer Maria Rilke /
Rezitation: Otto Sander /
Musik: Antonio Vivaldi -Allegro- /
Video. okanokumo /

RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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So milde ....

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Rainer Maria Rilke in Bad Rippoldsau, Schwarzwald.

So milde wie Erinnerung 
duften im Zimmer die Mimosen. 
Doch unser Glaube steht in Rosen, 
und unser großes Glück ist jung.

Sind wir denn schon vom Glück umglänzt? 
Nein, uns gehört erst dieses Rufen, 
dies Stillestehn auf weißen Stufen, 
an die der tiefe Tempel grenzt.

Das Warten an dem Rand des Heut. 
Bis uns der Gott der reifen Keime 
aus seinem hohen Säulenheime 
die Rosen, rot, entgegenstreut.

Rainer Maria Rilke

Gedichte aus : Rainer Maria Rilke Sämtliche Werke. 
Insel Verlag Frankfurt am Main 1955


RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Rainer Maria Rilke, "Deine Stube ...."

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Vincent van Gogh, Stillleben, Vase mit Rosen.

Deine Stube mit den kühlen 
Rosen in den vielen Vasen, 
drinnen wir in tiefen Stühlen 
lehnten, leise Lieder lasen -
und mein Auge sehnte zag:

ist die einsame Kapelle, 
welche Zuflucht mir bedeutet; 
warten will ich an der Schwelle, 
bis mir deine Stimme läutet 
meinen Lebensfeiertag.

Rainer Maria Rilke




Kunst & Gedichte -
ArtWork: Vincent Willem van Gogh, [w]
Gedicht Rainer Maria Rilke
Gedicht aus : Rainer Maria Rilke Sämtliche Werke. 
Insel Verlag Frankfurt a. Main 1955



RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Wo sind die Lilien aus dem hohen Glas

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Wo sind die Lilien aus dem hohen Glas,
die deine Hand zu pflegen nie vergaß?
Schon tot?

Wo ist die Freude deiner Wangen hin,
die wie ein ganzer Lenz zu prangen schien -
Verloht?

Und wo ist unser Glück so groß und rein,
das hell dein Haar wie ein Madonnenschein
Umspann?

Auch das ist tot. Heut weinen wir ihm nach,
und morgen kommt der Frost uns ins Gemach -
Und dann?

Rainer Maria Rilke




RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Rilkes weiße Gamaschen ....

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Kleine Anekdoten
aus Geschichten und Erzählungen über Rainer Maria Rilke. [  I. ]

Gamaschen
Vergoldete Wolken, weiße Gamaschen 
Mit Rainer Maria Rilkes Walliser Dichtung ein gutes Stück durchs Haupttal.

Die schönen, leichten und zugleich spannenden Wege, geschwungen um die Hügel wie Seidenbänder; oder: die anmutig, mit dem Schwung von Seidenbändern um die Weinhänge gelegten Wege: 

Immer wieder beschrieb Rilke die Sträßchen durch die Walliser Rebberge, auf denen er oft spazieren ging. Seine Lieblingsroute von Sierre zurück nach Hause ins Chateau Muzot in Veyras, einem kleinen Dorf oberhalb von Sierre, führte in einer lang gezogenen Kurve den Hang hinauf, zuerst durch das Städtchen, zum Chateau de Villa, dann zur Chapelle de Muraz und hinüber nach Veyras. Im Rilke-Museum in Sierre findet sich ein alter Stadtplan, auf dem die Strecke eingezeichnet ist. 

Seine Spaziergänge führten Rilke auch in die umliegenden Dörfer, nach Vercorin, Venthöne, Mollens, Miege.

Und er mag dabei tüchtiger ausgeschritten sein, als man es ihm zutraut, wenn man ihn auf Fotos sieht, die ihn in der Natur zeigen. 

Ob er in Veyras auf einem Steinmäuerchen sitzt, sich auf einem Hügel oberhalb von Sion auf einem flachen Stein niedergelassen hat oder sich mit seiner Freundin und ihrem Sohn auf einem Waldweg ablichten lässt immer sind die Gamaschen, die er über den schwarzen glänzenden Halbschuhen trägt, blütenweiß.

Rilkes weiße Gamaschen, Bild: Rilke, Baladine, Balthus.
Keine Viertelstunde kann er damit unterwegs gewesen sein, denkt man, auf diesen Wegen, die in den 1920er-Jahren ja noch nicht asphaltiert waren. 
Aber Frieda Baumgartner, Rilkes Haushälterin auf Muzot, 
hat ihn als »behenden Spaziergänger beschrieben, und sie wird es ja wohl gewusst haben.

Muzot.
Auch Maurice Zermatten, Walliser Schriftsteller, erwähnt in seinem Buch über Rilkes Walliser Jahre den »einsarnen Wanderer«:
»Eingehüllt in einen weiten fliegenden Mantel schritt er gewöhnlich rasch aus.


 Aus :
Buch bei Amazon
RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Rainer Maria Rilke ....

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.... Und sagen sie das Leben sei ein Traum: das nicht;
nicht Traum allein. Traum ist ein Stück vom Leben.
Ein wirres Stück, in welchem sich Gesicht
und Sein verbeißt und ineinanderflicht
wie goldne Tiere, Königen von Theben
aus ihrem Tod genommen (der zerbricht).

Traum ist Brokat der von dir niederfließt,
Traum ist ein Baum, ein Glanz der geht, ein Laut -;
ein Fühlen das in dir beginnt und schließt
ist Traum; ein Tier das dir ins Auge schaut
ist Traum; ein Engel welcher dich genießt
ist Traum. Traum ist das Wort, das sanften Falles
in dein Gefühl fällt wie ein Blütenblatt
das dir im Haar bleibt: licht, verwirrt und matt -, 
hebst du die Hände auf: auch dann kommt Traum,
kommt in sie wie das Fallen eines Balles -;
fast alles träumt -,
                          du aber trägst das alles.

Du trägst das alles. Und wie trägst du´s schön.
So wie mit deinem Haar damit beladen.
Und aus den Tiefen kommt es, von den Höhn
kommt es zu dir und wird von deinen Gnaden....

Da wo du bist hat nichts umsonst geharrt,
um dich die Dinge nehmen nirgend Schaden,
und mir ist so als hätt ich schon gesehn,
daß Tiere sich in deinen Blicken baden
und trinken deine klare Gegenwart.

Nur wer du bist: das weiß ich nicht. Ich weiß
nur deinen Preis zu singen: Sagenkreis
um eine Seele,
                    Garten um ein Haus,
in dessen Fenstern ich den Himmel sah -,

Und wenn es Nacht ist -: wasfür große Sterne
müssen sich nicht in diesen Fenstern spiegeln....

Rainer Maria Rilke

Aus: Die Gedichte 1906 bis 1910 (Paris, Juni 1906) 




RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
Mehr von Rilke immer unter : Mit Rilke durch das Jahr.
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QUOD VERUM TUTUM

Rilkes weiße Gamaschen ....

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Kleine Anekdoten
aus Geschichten und Erzählungen über Rainer Maria Rilke. [  II. ]


Werner Helwig 
schreibt so anmutig, so ganz locker mit leichter Hand über seine Begegnung mit Rilke. 
Er geht um das Schloss Muzot, gut gekleidet mit weißen Gamaschen und einem Spazierstock, wie durch die Gärten der Tuillerien in Paris. 

Les tuileries (étude), Claude Monet, huile sur toile, musée Marmottan-Monet, Paris, France. 1876
Schon von der myeloischen Leukämie gezeichnet, lässt er sich von einer Magd
ein Glas Milch auf den Tisch vor dem Haus bringen. ....

„Wunder ist nicht nur im unerklärten Überstehen der Gefahr; 
erst in einer klaren reingewahrten Leistung wird das Wunder offenbar"

Rainer Maria Rilke.

[[Wenn auch schon von Krankheit gezeichnet, Rilke war stets und in jeder Situation gut gekleidet mit Anzug, Weste und natürlich den Gamaschen.]Anmerkung]

Aus:
Buch bei Amazon
Édouard Manet. Musik im Tulieren Garten. 1862
Jardin des Tuileries [W]

RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Träumen ....

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Rainer Maria Rilke

aus: Rilke, Rainer Maria - Gedichte - Erste Gedichte - Traumgekrönt - Träumen



XXVI

Matt durch der Tale Gequalme wankt
Abend auf goldenen Schuhn, -
Falter, der träumend am Halme hangt,
weiß nichts vor Wonne zu tun.

Alles schlürft heil an der Stille sich. -
Wie da die Seele sich schwellt,
daß sie als schimmernde Hülle sich

legt um das Dunkel der Welt.

Rainer Maria Rilke


RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Rilke

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Ich ließ meinen Engel lange nicht los...

Ich ließ meinen Engel lange nicht los,
und er verarmte in meinen Armen
und wurde klein, und ich wurde groß:
und auf einmal war ich das Erbarmen,
und er eine zitternde Bitte bloß.
Da hab ich ihm seinen Himmel gegeben, -
und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand;
er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,
und wir haben langsam einander erkannt ...
Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht,
kann er frei seine Flügel entfalten
und die Stille der Sterne durchspalten, -
denn er muß meine einsame Nacht
nicht mehr die ängstlichen Hände halten -
seit mein Engel mich nicht mehr bewacht.
Hat auch mein Engel keine Pflicht mehr,
seit ihn mein strenger Tag vertrieb,
oft senkt er sehnend sein Gesicht her
und hat die Himmel nicht mehr lieb.
Er möchte wieder aus armen Tagen
über der Wälder rauschendem Ragen
meine blassen Gebete tragen
in die Heimat der Cherubim.
Dorthin trug er mein frühes Weinen
und Bedanken, und meine kleinen
Leiden wuchsen dort zu Hainen,
welche flüstern über ihm ...
Wenn ich einmal im Lebensland,
im Gelärme von Markt und Messe -
meiner Kindheit erblühte Blässe:
meinen ernsten Engel vergesse -
seine Güte und sein Gewand,
die betenden Hände, die segenende Hand, -
in meinen heimlichsten Träumen behalten
werde ich immer das Flügelfalten
das wie eine weiße Zypresse
hinter ihm stand ...
Seine Hände blieben wie blinde
Vögel, die, um die Sonne betrogen,
wenn die andern über die Wogen
zu den währenden Lenzen zogen,
in der leeren, entlaubten Linde
wehren müssen dem Winterwinde.
Auf seinen Wangen war die Scham
der Bräute, die über der Seele Schrecken
dunkle Purpurdecken
breiten dem Bräutigam. Und in den Augen lag
Glanz von dem ersten Tag, -
aber weit über allem war
ragend das tragende Flügelpaar ...
Um die vielen Madonnen sind
viele ewige Engelknaben,
die Verheißung und Heimat haben
in dem Garten, wo Gott beginnt.
Und sie ragen alle nach Rang,
und sie tragen die goldenen Geigen,
und die Schönsten dürfen nie schweigen:
ihre Seelen sind aus Gesang.
Immer wieder müssen sie
klingen alle die dunklen Chorale,
die sie klangen vieltausend Male:
Gott stieg nieder aus seinem Strahle
und du warst die schöne Schale
Seiner Sehnsucht, Madonna Marie.
Aber oft in der Dämmerung
wird die Mutter müder und müder, -
und dann flüstern die Engelbrüder,
und sie jubeln sie wieder jung.
Und sie winken mit den weißen
Flügeln festlich im Hallenhofe,
und sie heben aus den heißen
Herzen höher die Strophe:
Alle, die in Schöhnheit gehn,
werden in Schöhnheit auferstehn.

Rainer Maria Rilke  (1875-1926)
RAINER MARIA RILKE . 1875-1926
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Nigthwish

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